Selbsthilfegruppen stärken

Mitglieder der Selbsthilfegruppen Lüneburg und Oldenburg | Foto: Brigitte van der Velde

Mitglieder der Selbsthilfegruppen Lüneburg und Oldenburg | Foto: Brigitte van der Velde

Am 26. April war die Selbsthilfegruppe Wortblind zu Gast in der VHS Oldenburg, um beim alljährlichen Treffen mit der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg Erfahrungen auszutauschen. In der 5-stündigen Diskussionsrunde der insgesamt zwölf Mitglieder und zwei Lernbegleiter wurde erneut deutlich, dass es in den Selbsthilfegruppen für lese- und schreibschwache Erwachsene viel zu tun gibt und die Kontakte unter den Gruppen sehr bereichernd sind.

Auch weiterhin werden die gemeinsamen Ziele verfolgt,
   •   Betroffene zur Teilnahme an Lese- und Schreibkursen zu ermutigen
   •   die Öffentlichkeit für das Thema Alphabetisierung und Grundbildung zu sensibilisieren
   •   sich mit anderen Selbsthilfegruppen zum Thema Lese- und Schreibschwäche zu vernetzen
       und Erfahrungen auszutauschen.

Auf der Tagesordnung standen mehrere Themenkomplexe und Fragen:

Wie können mehr Betroffene erreicht werden?
Die Öffentlichkeitsarbeit spielt in beiden Gruppen eine sehr große Rolle. Dazu wurden Flyer, Visitenkarten, Plakate, eigene Websites geschaffen und ständig weiter entwickelt. Auch das Medieninteresse und die Medienpräsenz der Mitglieder beider Gruppen in Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen ist sehr groß. Trotzdem werden über diese Wege nur recht wenige Betroffene erreicht. Es gibt viele Gründe, warum Betroffene nicht an einem Lese- und Schreibkurs teilnehmen wollen.

Eine gute Mobilisierung gelang bisher durch die zahlreichen Sensibilisierungsveranstaltungen für Arbeitsvermittler der Jobcenter. Wichtig dabei sind die Beteiligung von Betroffenen und die Darstellung von Erfolgsgeschichten. In der VHS Oldenburg kommen fast 60 % der neuen Kursteilnehmenden durch Vermittlung von Integrationsfachkräften und Fallmanagern der umliegenden Jobcenter. Weitere wichtige Partner bei der Ansprache und Gewinnung neuer Kursteilnehmer sind neben den Selbsthilfegruppen und dem mitwissenden Umfeld (Familie, Freunde, Kollegen) auch gesetzliche Betreuungsstellen und therapeutische Einrichtungen: (Sucht-)Kliniken, sozialpsychiatrische Dienste, Psychotherapie-Praxen etc.

Welche Schulungen sind sinnvoll?
Generell ist die fachliche Unterstützung von Mitgliedern der Selbsthilfegruppen im Sinne einer professionellen Darstellung und Arbeitsweise ganz wichtig, sei es die Schulung zum Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln bzw. der Pflege einer Website als auch ein Medientraining: Welche Botschaften will ich Medienvertretern gegenüber vermitteln? Was sollte ich bei einem Interview beachten? Welche Rechte habe ich? Was tue ich bei Lampenfieber?

Auch die Teilnahme an Fortbildungen zur Leitung einer Gruppe, zum Umgang mit Ängsten und Konflikten, Fragen des Outings und vielem mehr ist von großem Vorteil.

Wie ist die Selbstorganisation als Gruppe zu bewerkstelligen?
Aller Anfang ist schwer und es bedarf viel Motivation, Durchhaltevermögen, Konfliktbereitschaft und auch die Unterstützung durch Lernbegleiter. Nach aller Erfahrung sollte auch immer wieder ein Gleichgewicht gefunden werden zwischen internen Gesprächsanlässen (dem ursprünglichen Sinn einer Selbsthilfegruppe) und öffentlichen Aktionen (als aktive Gruppe). Dabei sind neue Mitglieder sensibel in den vertraulichen Gruppenkontext zu integrieren und das öffentliche Auftreten mit Bedacht und Unterstützung zu begleiten. Letztendlich muss jeder dazu stehen können, wenn er als Betroffener an die Öffentlichkeit geht.

Viele Fragen wurden also besprochen und neue ergaben sich, so dass sich der Erfahrungsaustausch der Selbsthilfegruppe Wortblind aus Lüneburg und der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg fortsetzen wird. Die Diskussionen haben auf jeden Fall neue Ideen hervorgebracht, die weiter verfolgt und in die Praxis umgesetzt werden sollen. Für kommendes Jahr ist wieder ein Treffen in Lüneburg geplant.

Mitglieder der Selbsthilfegruppen im angeregten Gespräch | Foto: Achim Scholz

Mitglieder der Selbsthilfegruppen im angeregten Gespräch | Foto: Achim Scholz