Zur 1. Niedersächsischen Lerner-Tagung unter dem Motto „Lerner-Experten machen mobil“ begrüßte Ernst Lorenzen von der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg am 15. Juni 16 Lernbotschafterinnen und Lernbotschafter sowie einige Lernbegleiter und Vertreter des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK), der Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung (AEWB) und des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e.V. (BVAG e.V.) in der VHS Oldenburg.
Der Geschäftsführende Vorstand Andreas Gögel versprach den 24 Tagungsteilnehmenden, sich gemeinsam mit den Akteuren für eine dauerhafte finanzielle Absicherung der Regionalen Grundbildungszentren (RGZ) einzusetzen: „Die Unterstützung von Selbsthilfegruppen von der Gründung bis zum eigenständigen Bestehen ist eine der Aufgaben der RGZ in Niedersachsen.“ Da Herr Gögel nicht selbst anwesend sein konnte, verlas Achim Scholz das Grußwort.
Dana Gröper, Referentin für Erwachsenenbildung aus dem MWK, überbrachte in ihrem Grußwort die allerbesten Wünsche des niedersächsischen Ministers Björn Thümler. Sie beschrieb die bisherigen Bemühungen des MWK im Bereich Grundbildung und zitierte die zweite LEO-Studie „Leben mit geringer Literalität“, wonach nur 0,7 % der Betroffenen Kursangebote der Alphabetisierung und Grundbildung nachfragen. „Das zeigt, dass wir mit unseren Bemühungen nicht nachlassen dürfen und uns noch mehr Mühe geben müssen, diese Personen für die vorhandenen Angebote zu erreichen. Ich möchte heute von Ihren Erfahrungen lernen und hoffe, dass wir noch besser verstehen können, wie wir mehr Lerner erreichen und welche Unterstützungen Sie benötigen.“
Tim Henning vom BVAG e.V. sagte in seinem Grußwort: „Lernbotschafter geben abstrakten Zahlen und wissenschaftlichen Abhandlungen ein Gesicht und eine Stimme und sie zeigen der Politik, der Öffentlichkeit und somit uns allen, dass es sich um ein flächendeckendes Problem handelt, hinter dem sich viele Millionen Gesichter und Schicksale verbergen.“
Das von Ernst Lorenzen und Achim Scholz moderierte Programm begann mit dem Austausch gelungener Beispiele bisheriger Öffentlichkeitsarbeit der drei Selbsthilfegruppen aus Hannover, Lüneburg und Oldenburg. Bei den vorgestellten Aktionen (Selbsthilfetag, Weltalphatag, Lebendige Bibliothek, Ausstellung, ALFA-Mobil, Schulungen) sei man mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen und durch die verschiedenen Fernsehdokumentationen habe man zahlreiche Zuschauer erreichen können. Beispielsweise haben 2,6 Millionen die Geschichte von Jutta Schmitt aus Lüneburg im ZDF (37 Grad) gesehen und danach gab es 20.000 Klicks auf Facebook.
Lerner-Experte Sascha merkte an, dass man nicht immer den Vorstellungen von Medienvertretern folgen solle, sondern als Betroffener immer bei sich selbst bleiben müsse. Fabian als jüngster Lernbotschafter sprach sehr emotional zum Thema Würde und äußerte den Wunsch, „so anerkannt zu werden wie ich bin.“ Beeindruckend war, wie frei und offen jeder gesprochen hat und mit welcher Aufmerksamkeit die Reden verfolgt wurden. Klaus aus Oldenburg merkte an: „Es war ein guter Austausch wie in einer großen Familie. Und auch die Selbsthilfegruppen sind ein gutes Zuhause, wo man Kraft und Mut tanken kann.“
Anschließend wurden an vier großen Tischgruppen folgende Fragen diskutiert:
- Wie können wir neue Lerner für Lese- und Schreibkurse gewinnen?
- Wie können wir Multiplikatoren und Medien-Vertreter erreichen?
- Wie können wir Politiker von unseren Forderungen überzeugen?
Die lange Pause nach dem Mittagessen wurde unterschiedlich genutzt. Eine Gruppe machte einen Spaziergang zur Kongresshalle, zur EWE-Arena und zur Hafenpromenade. Eine andere Gruppe schlenderte durch den Schlossgarten und bestaunte die Wagenparade des Christopher Street Day.
Eine dritte Gruppe tauschte sich in der VHS über Lernen im Erwachsenenalter und andere Themen aus.
Nach der Pause wurden die Antworten zu den diskutierten Fragen ausgetauscht und zusammen getragen. In einer weiteren Diskussionsrunde zum Thema Zusammenarbeit der Lerner-Experten ging es um folgende Fragen:
- Welche Möglichkeiten einer Zusammenarbeit sind denkbar?
- Welche Unterstützung benötigen die Akteure dafür?
- Wie kann man mit Lerner-Experten aus anderen Bundesländern zusammen arbeiten?
Zum Abschluss der 1. Lerner-Tagung wurden dann noch Wünsche und Forderungen an Verbände und Politiker diskutiert. In einem Oldenburger Manifest forderten die anwesenden Lerner-Botschafter
1. eine Wahrnehmung auf Augenhöhe sowie Respekt und Anerkennung für die bisher geleistete Arbeit.
2. einen einfachen Zugang zu Grundbildungsangeboten.
3. eine bessere Ausstattung mit digitalen Medien und erwachsenengerechter Lernsoftware.
4. Lerner-Experten mehr Gehör und Mitsprache beim Thema Grundbildung zu geben.
5. kostenfreie Grundbildungskurse.
6. eine bessere Bezahlung der Lehrkräfte.
7. finanzielle Unterstützung von Selbsthilfegruppen in der Grundbildung.
8. die Einführung einfacher Schriftsprache im öffentlichen Bereich.
Lernbotschafter Sascha bilanzierte: „Wir haben noch nie so viele gute Diskussionen und so schnell Ergebnisse geschafft.“ In seinen Abschlussworten hob Ernst Lorenzen hervor, dass alle sehr eifrig im Gespräch waren und viel Austausch stattgefunden hat: „Es war eine gelungene Tagung. Wir haben viele Themen besprochen und können mit einem guten Gefühl nach Hause fahren. In Zukunft werden wir noch viel davon umsetzen.“
Vielen Dank für die Ausrichtung der ersten Niedersächsischen Lerner-Tagung. Es war ein spannender Tag mit einem Ergebnis, was sich wirklich sehen lassen kann. Viele Grüße an alle
Tim vom ALFA-Mobil