Zum jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch lud dieses Mal die Selbsthilfegruppe Wortblind ihre Mitstreiter von der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg am 15. Juni nach Lüneburg in die Volkshochschule REGION Lüneburg ein. Im Mittelpunkt des fünfstündigen Austausches stand das digitale Lernen im Grundbildungsunterricht in Dänemark.
Etwa 7 Prozent der Erwachsenen in Dänemark haben Probleme mit dem Lesen und Schreiben, sie werden als „wortblind“ bezeichnet. Diesen Begriff wählte auch die Selbsthilfegruppe aus Lüneburg für sich. Sieben Akteure der Gruppe Wortblind hatten mit ihrer Lernbegleiterin Gaby Thiem das VUC (Voksen Undervisnings Center), ein modernes Erwachsenenbildungszentrum in der 22.000 Einwohner zählenden Kleinstadt Haderslev an der Haderslebener Förde in Süddänemark besucht. Mit drei weiteren Zentren in Aabenraa, Tønder und Sønderborg zählt es zur VUC Syd, einer selbstverwalteten, staatlich finanzierten Bildungseinrichtung, die vom dänischen Bildungsministerium beaufsichtigt wird und Arbeit für 300 Mitarbeiter bietet. Sie organisieren Vollzeitstudiengänge, Fernunterricht und Kurse für Unternehmen, Arbeitslose und Wortblinde. In der VUC Haderslev erhalten 85 Wortblinde kostenfreien Grundbildungsunterricht.
Es gibt keine traditionellen Klassenräume mehr, sondern auf verglasten Gebäudeebenen Gruppen-, Instruktions-, Dialog- und Ruhezonen als Orte für gemeinsame Diskussionen und Orte zum Aufnehmen und Eintauchen in Lernwelten.
Neben dem innovativen Lernumfeld ist das Lernen ganz auf die Computertechnologie ausgerichtet. Aus diesem Grund erhalten die Lernenden zu Beginn ihres Kurses ein iPad. So können sie zeit- und ortsunabhängig von zu Hause, vom Arbeitsplatz, unterwegs oder im Erwachsenenbildungszentrum lesen und schreiben lernen. Sie können zum Präsenzlernen allein oder mit anderen einen Lern-Coach in der Zeit von 8 bis 21 Uhr im VUC buchen. Nach einem Lernstandstest zu Beginn erhalten sie einen individuellen Lernplan für zunächst 60 Stunden, den sie in selbst gewählten Zeiträumen abarbeiten können, bevor ein weiterer Lernplan folgt. Die Lehrkräfte entwickeln Unterrichtsmaterialien für iPads und iBook-Lehrbücher, da der Wandel in den Lehrmethoden (offene Lernformen) auch eine Änderung der verwendeten Unterrichtsmaterialien erfordert.
In engagierter Diskussion bewerteten die Akteure der Selbsthilfegruppen aus Lüneburg und Oldenburg das Für und Wider des rein digitalen Lernens. Eher positiv fiel der Reiz des neuen Lernens, die Vernetzung untereinander und das zeitunabhängige Lernen auf. Als nachteilig wurde der Wegfall des gewohnten, fast familiären Zusammenseins in der konstanten Lerngruppe bewertet. Einig war man sich allerdings darin, dass die Zukunft des Lernens hauptsächlich mit digitalen Medien stattfinden wird.
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