„Bildung muss kostenfrei sein, auch für Erwachsene, die Lese- und Schreibkompetenzen nachholen müssen, weil sie ihnen in der allgemeinbildenden Schule nicht vermittelt wurden.“
So lautete das Fazit von Dennis Rohde, Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Oldenburg-Ammerland, nach einem längeren Gespräch mit Mitgliedern der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg und Bildungsmanager Achim Scholz von der VHS Oldenburg.
Am 10. Mai informierte er sich über die Zahl der Betroffenen mit einer Lese- und Schreibschwäche, über Ursachen und Folgen, Kursangebote und Lernformate sowie die Arbeit der ABC-Selbsthilfegruppe, die den Betroffenen den ersten Schritt erleichtern will.
Ernst Lorenzen als ehemals selbst Betroffener und Mitgründer der ABC-Selbsthilfegruppe gab aufgrund der eigenen Lebensgeschichte einen Einblick in die Lebenswirklichkeit von Menschen mit nicht ausreichenden Lese- und Schreibkompetenzen. Dabei betonte er auch den großen Sprechbedarf von Erwachsenen, die nach Jahren und Jahrzehnten des Versteckens den Mut gefasst haben, einen Lese- und Schreibkurs aufzusuchen.
Bärbel Kitzing, die bereits 6 Jahre der ABC-Selbsthilfegruppe angehört und das Lesen und Schreiben als 50-jährige noch nachgeholt hat, beschrieb die damit einhergehende Lebensqualität und das gestiegene Selbstbewusstsein, das sie heute in die Lage versetzt, Medienanfragen zu dem Thema zu beantworten.
Als Mitglied des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages interessierte Dennis Rohde besonders die Finanzierung im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung, die sich aus mehreren Quellen speist. Seine Frage, ob durch eine Gebührenfreiheit der Lese- und Schreibkurse mehr Betroffene zu erreichen seien, konnte Bildungsmanager Achim Scholz nur bejahen. Allerdings sei gleichzeitig eine bessere Ressourcenausstattung der Struktur bildenden Arbeit der Regionalen Grundbildungszentren (RGZ) in Niedersachsen dringend erforderlich.
Zurzeit stellen Bund und Länder über Sonderfonds viele Mittel für Grundbildungsmaßnahmen (vor allem Sprachförderung) von Flüchtlingen zur Verfügung. Einig war sich die Gesprächsrunde darin, dass es hier zu keiner Überprivilegierung von Flüchtlingen kommen darf, sondern Grundbildungsprogramme für alle ausgerichtet sein müssten. Dennis Rohde verwies in diesem Zusammenhang auf die von seinem Parteikollegen Bundesaußenminister Sigmar Gabriel ausgesprochene Doppelstrategie in der Flüchtlingskrise, wonach man sich um die Flüchtlinge kümmern müsse, dabei aber nicht die berechtigten Belange der deutschen Bevölkerung außer Acht lassen darf.
Des Weiteren wurde die nötige Überwindung von Barrieren zur uneingeschränkten politischen Teilhabe, zum Beispiel bei den anstehenden Bundestagswahlen, durch eine leichte und verständliche Sprache bei Information und Kommunikation angesprochen. So hat die ABC-Selbsthilfegruppe den Redaktionsstabs der Gesellschaft für Deutsche Sprache mit Formulierungshilfen für die Broschüre „Parlamentsdeutsch – Grundbegriffe in einfacher Sprache“ beratend unterstützen dürfen.
Laut Dennis Rohde ist im Präsidium des Deutschen Bundestages die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt aus dem Wahlkreis Aachen eine treibende Kraft für Inklusion und Barrierefreiheit. Es könnten die Wahlscheine so modifiziert werden, dass die Partei-Logos und die Bilder der Kandidaten zu sehen sind. Denn über Bilder können auch lesebeeinträchtigte Menschen Inhalte besser verstehen.