Welche Projekte von Lernenden haben in der Vergangenheit gut funktioniert und welche weiteren Ideen können Lerner-Experten in die Dekade der Alphabetisierung einbringen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich ein Experten-Workshop, zu dem die vom BMBF eingerichtete Koordinierungsstelle AlphaDekade im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) am 2. und 3. März ins Gustav-Stresemann-Institut nach Bonn eingeladen hatte.
Die 30 Teilnehmenden – Mitglieder aus sieben bundesweiten Selbsthilfegruppen, ihre Lernbegleiter sowie Vertreter des BMBF, der Koordinierungsstelle AlphaDekade, der Bundesländer und verschiedener Dekade-Partner – brachten geschätzte 600 Jahre Erfahrung in der Alphabetisierung und Grundbildung ein. Ihre Erwartungen waren breit gestreut zwischen Neugier, Austausch, Impulssetzung, Ideensammlung, Chancen und Hoffnung auf Neues. Moderiert von Gudrun Zipper wurde zunächst anhand eines Zeitstrahls die Geschichte der Alphabetisierung aus den jeweiligen Blickwinkeln der Teilnehmenden mittels Jahreszahlen und symbolhaften Gegenständen vergegenwärtigt.
Daraufhin wurden viele Themen gesammelt und darauf fokussiert, wo Lernende ihre Erfahrungen bzw. Expertenwissen einbringen und sich beteiligen können:
• Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung in Betrieben , Jobcentern und in der Öffentlichkeit
• Orte des Austausches für Lernende finden
• Förderung und Fördermittel für Selbsthilfegruppen
• Finanzielle Unterstützung von Lerner-Experten
• Mitsprache der Lerner-Experten bei der Verwendung von Dekade-Mitteln
• Von Lernern gewählter „Lerner-Rat“
• Medien- und Persönlichkeitstraining für Lerner und Lernbegleiter
• Mitarbeit bei der Gestaltung von Werbespots
• Erwachsenengerechte Lernmaterialien
• Umgang und Lernen mit digitalen Medien
• Flexible Lernangebote und neue Lernformate
An diesen Themen wurde am Folgetag in Kleingruppen weiter gearbeitet. Die Walt-Disney-Methode nach R. Dilts gab dazu drei Schritte vor:
1. Alles ist möglich! Was wünschen Sie sich? (Träume)
2. Moooment! Was darf nicht übersehen werden? (Kritik)
3. Los geht´s! Was wird für die Umsetzung benötigt? (Realisierung)
Selbsthilfegruppen sollten finanziell abgesichert und gefördert werden, um ihre vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können. Dazu bedarf es der Unterstützung durch Übernahme der
• Fahrtkosten für Lernertreffen, Tagungen, Buchmessen etc.
• Kosten für Medienschulung, Rhetorik-Kurse,
Fortbildungen in öffentlicher Präsentation
• Aufwendungen für technische Ausstattung, z.B. Tablets etc.
• Aufwendungen für Info-Stände und Präsentationsmaterialien
• Kosten für technische Unterstützung bei Aufbau, Entwicklung und Pflege eigener Websites
• Kosten für Beratung und Coaching durch Lernbegleiter
Eine bundesweite Lernertagung sollte noch in 2018 mit der Koordinierungsstelle AlphaDekade umgesetzt und aus Dekade-Mitteln finanziert werden. Die inhaltliche Planung und Realisierung sollte dabei in den Händen von Lerner-Vertretern liegen.
Ebenso kurzfristig könnten die bestehenden Selbsthilfegruppen zum Weltalphatag am 8. September Öffentlichkeitsarbeit in der jeweiligen Stadt machen, also an Info-Ständen in Gesprächen und Aktionen, mit Flyern, Plakaten und der ABC-Zeitung Aufklärungsarbeit betreiben. Dabei bieten sich auch Kooperationspartner an, z.B. das ALFA-Mobil, Krankenkassen, Selbsthilfeverbände, Bibliotheken, Universitäten u.a.Der Service des ALFA-Telefons könnte ergänzt werden durch Vermittlung von Lerner-Experten, die gegen eine Aufwandsentschädigung als Gesprächspartner zur Verfügung stehen.
Die bereits erfolgreich verlaufende Beteiligung von Lerner-Experten bei Schulungen der Integrationsfachkräfte und Fallmanager von Jobcentern (in Niedersachsen) könnte nach dem vorliegenden Konzept bundesweit übernommen werden. Ebenso auch im Projekt MENTO des DGB, das einen Schwerpunkt auf die Mentoren-Qualifizirung von betrieblichen Entscheidungsträgern, Betriebs- und Personalräten sowie Vertrauensleuten setzt.
Alle gesammelten Ideen und Vorschläge werden von der Koordinierungsstelle AlphaDekade dem Kuratorium (Bund, Länder, Dekade-Partner) zur Prüfung vorgelegt, ob sie von bundesweiter Bedeutung und somit förderfähig sind.
Die Aussagen in der Abschlussrunde waren geprägt von großer Hoffnung auf die nächsten konkreten Schritte der Umsetzung und dem Gefühl, gemeinsam viel bewegen zu können, aber auch der Überzeugung, dass die guten Ideen und neuen Perspektiven viel Arbeit bedeuten und eines langen Atems bedürfen.Für die beteiligten Lerner-Experten wie Bärbel Kitzing und Ernst Lorenzen von der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg war der Workshop auf jeden Fall ein Gewinn durch den Austausch mit langjährigen Mitstreitern und dem Erleben, durch Mitreden und Mitmachen gemeinsam mehr erreichen zu können.
Herzlichen Dank für die gelungene Zusammenfassung dieser zwei spannenden Tage und die tollen Fotos!