Auf Einladung der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg kam Prof. Dr. Johanna Wanka, Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, am 4. Juli in die VHS Oldenburg, um die Arbeit der Betroffenen kennen zu lernen und ihnen Unterstützung anzubieten.
Zunächst gab Bildungsmanager Achim Scholz einen Überblick über die bisherigen und aktuellen Projekte und Initiativen im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung. Dann berichteten die sieben Mitglieder der Selbsthilfegruppe, wie sie im früheren Leben ohne Schrift zurecht gekommen sind, den Schritt zum nachholenden Erwerb des Lesens und Schreibens gewagt haben und heute mit der neu erworbenen Kompetenz viel mehr Lebensqualität erfahren.
Die Ministerin zeigte sich sehr interessiert und beeindruckt von den jeweiligen Lebensleistungen unter erschwerten Bedingungen und der Bereitschaft, sich als Betroffene geoutet zu haben. Sie bedankte sich für die Offenheit, die ihr entgegengebracht wurde. Sie nannte es nicht hinnehmbar, dass noch immer so viele junge Menschen nicht richtig lesen und schreiben können.
Gemeinsam wurde die Frage erörtert, wie man mehr Menschen mit Lese- und Schreibschwäche erreichen und motivieren könne, einen Alphabetisierungskurs zu besuchen. Denn nach wie vor stagniert die Zahl der Kursteilnehmenden in Bezug auf die 7,5 Millionen Analphabeten (siehe leo.- Level-One Studie) auf sehr niedrigem Niveau.
Ministerin Wanka betonte den politischen Willen, die Alphabetisierungsarbeit weiterhin zu unterstützen. Die Landesregierung gebe jährlich bereits eine Million Euro für diesen Bereich der Erwachsenenbildung aus. Die aktuell zusätzlichen Mittel seien – insbesondere für die Selbsthilfegruppe – gut angelegt, da die Betroffenen selbst die Öffentlichkeit am besten für das Thema sensibilisieren könnten. Es käme darauf an, die finanziellen Mittel effektiv einzusetzen und durch wenig schriftlastige Werbung (Fernsehspots, Filmdokumentationen, Radiobeiträge) sowohl Betroffene als auch Multiplikatoren zu erreichen.
Die ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg sorgt mit ihren vielfachen Aktionen und Vorträgen für sehr unterschiedliche Zielgruppen dafür, Betroffene zu ermutigen, sich nicht mehr zu verstecken, sondern eine zweite Chance zu ergreifen, das Lesen und Schreiben zu erlernen. Dabei müssten Personalverantwortliche aus Betrieben und Unternehmen stärker mit einbezogen werden, da die Verwendung der Schriftsprache eine elementare Arbeitsplatzkompetenz ist und die Förderung eines jeden Einzelnen angesichts der demographischen Entwicklung im ureigensten Interesse der Wirtschaft sein muss.