In Niedersachsen gibt es nun schon drei Selbsthilfegruppen für Alphabetisierung und Grundbildung. Als älteste hatte die „ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg“ zu einem Workshop „Gründet Selbsthilfegruppen! Strategien und Konzepte der Lernenden“ am 24.05.2014 in die VHS Oldenburg eingeladen.
Beteiligt waren die am 16.01.2014 gegründete Selbsthilfegruppe „Wortblind“ aus Lüneburg, die bereits neun Mitglieder hat und die am 28.04.2014 gegründete „ABC-Selbsthilfegruppe Hannover“ mit zurzeit 6 Mitgliedern. Drei Stunden diskutierten die 13 Lernenden und fünf Lernbegleiter leidenschaftlich über ihre Erfahrungen und weiteren Vorhaben.
Ernst Lorenzen gab die Devise aus: „Wenn man Gesicht zeigt und sich als Betroffene zu erkennen gibt, trifft man auf Offenheit und kann viel bewegen!“ Brigitte van der Velde ergänzte: “In der Selbsthilfegruppe festigen wir uns, bekommen Selbstbewusstsein und können dann gestärkt an die Öffentlichkeit treten.“
Übereinstimmend wurde festgestellt, dass man sich in einer Selbsthilfegruppe am besten über seine sehr persönlichen Erfahrungen – zum Beispiel auch mit Mobbing am Arbeitsplatz – austauschen und sich gegenseitig unterstützen kann, um so auch befreiter zu lernen.
Die Oldenburger stärken ihr Zusammengehörigkeitsgefühl zusätzlich durch gemeinsame Ausflüge, Frühstückstreffen, Fortbildungen, Feste und Leseabende. Pro Woche wenden die Mitglieder etwa 50 Stunden ehrenamtliche Arbeit auf. Unterstützung erhalten sie durch professionelle Schulung in öffentlicher Präsentation, Pflege der eigenen Website und ein begleitendes Coaching.
Die Erfahrungen zeigen, dass Betroffene andere Menschen mit Lese- und Schreibproblemen am besten erreichen können. Aber auch Mitwisser im direkten Umfeld der Betroffenen werden angesprochen. Diskutiert wurden Strategien für eine Erfolg versprechende Öffentlichkeitsarbeit. Alle drei Selbsthilfegruppen wollen ihren Kontakt untereinander ausbauen und sich regelmäßig treffen. Gemeinsam formulierten sie folgende Botschaften:
Die Selbsthilfegruppen für Alphabetisierung und Grundbildung in Niedersachsen
- wollen das Verständnis und die Akzeptanz
für Menschen mit Lese- und Schreibproblemen stärken - wollen den Betroffenen Mut machen,
aus ihrem Schneckenhaus heraus zu kommen - wollen gesellschaftliche Vorurteile über Menschen
mit Lese- und Schreibproblemen abbauen - wollen Migranten ohne Schulbildung stärker einbeziehen
und sie zu einer Kursteilnahme ermutigen - wenden sich gegen den Sprachgebrauch „Analphabeten“
- fordern mehr finanzielle Mittel für ihre Arbeit und für Kursangebote
- setzen sich für rechtzeitige Förderung vor und in der Schule ein
- wollen mehr Verständnis bei Arbeitgebern und Arbeitsverwaltungen erreichen
- wollen die Vernetzung und Zusammenarbeit untereinander ausbauen